Apfelallergie

Apfelallergie

Momentan ernten wir die Sorte Santana. Ein guter Einstieg in das Thema „Apfelallergie“. Santana ist eine Züchtung aus den Niederlanden mit den Eltern Elstar und Priscilla. Sie wurde 1996 in den Markt eingeführt und gilt als schorfresistent und gut verträglich für Allergiker.

Auf einem Obsthof groß geworden, war mir eine Unverträglichkeit oder Allergie gegen Äpfel völlig unbekannt. Die ersten Klaräpfel wurden Ende Juli geerntet, weiter ging es mit Frühsorten und schließlich mit den Lagersorten. Diese konnten im Kühlhaus bis ins nächste Frühjahr hinein gelagert werden, die letzten Glockenäpfel wurden sogar zusammen mit den Süßkirschen verkauft.

Als wir 1990 auf „Bio“ umstellten und auf Messen und Verkostungen unsere Äpfel zum Probieren anboten, begegneten mir die ersten Apfelallergiker. Sie berichteten, dass beim Verzehr Reizerscheinungen im Mund- und Rachenbereich auftreten würden.

Nach 30 Jahren Kundenkontakten teile ich die Allergiker folgenderweise auf:

1. Menschen, die Äpfel im rohen Zustand nicht, aber im gekochten Zustand essen können.
2. Menschen, die frische Äpfel, direkt vom Baum, essen können, aber nach längerer Lagerung, besonders im ULO, weniger gut vertragen
3. Umgekehrt die, die Äpfel essen können, wenn sie länger gelagert haben
4. Menschen, die nur einige Sorten vertragen
5. Menschen, die nur Bio-Äpfel vertragen
6. Menschen, die nur unsere Augustin-Äpfel vertragen (was uns besonders freut)

Nun der Versuch einer Erklärung:

Als erstes recherchiert man natürlich im Internet, wo man auf mehr als 34.000 Einträge stößt. Unmöglich, alles zu lesen.

Beim Erstellen unserer ersten Website und der Verbreitung des Internets gab es schon ein paar Eintragungen. Besonders der BUND Lemgo (www.bund-lemgo.de/apfelallergie.html) hat sich des Themas schon früh angenommen und das Allergie-Apfelprojekt 2005 gestartet. Apfelallergiker können dort ihre Daten hinschicken und melden, welche Sorten sie gut und welche sie nicht gut vertragen. So sind im Laufe der Jahrzehnte zigtausend Meldungen dort eingegangen und eine Graphik verdeutlicht sehr gut, welches die verträglichsten Sorten sind.
Sie helfen Konsumenten bei der Auswahl. (Die BUND-Lemgo Sortenliste Apfelallergie Stand November 2022 – Nutzung und Verbreitung sind ausdrücklich erwünscht!)
Immer wieder kommen in Zusammenhang mit Allergien die Polyphenole ins Spiel. Sie gehören zu den Antioxidantien und somit zu den sekundären Pflanzenstoffen, die diese vor Schädlingen schützen. Auch für den Menschen sind sie gesund, sie wirken z. B. entzündungshemmend und krebsvorbeugend. Alle Vorteile aufzuzählen, würde hier den Rahmen sprengen, wir sind ja bei den Allergien.
Es wurde nachgewiesen, dass alte Sorten mehr Polyphenole enthalten als neue, und dass ökologisch angebaute Äpfel mehr enthalten als konventionell angebaute. Ein Grund dafür könnte sein, dass Bio-Äpfel mit Gesteinsmehlen behandelt werden. Diese reizen die Schale, es kommt zur Produktion von Phenolen und der Apfel entwickelt eine natürliche Immunität. Diese fördern wir auch durch die regenerative Bodenbearbeitung, die wir seit mehreren Jahren erfolgreich praktizieren. Gesunder Boden, gesunde Mikroflora, gesunder Baum, gesunde Frucht – verträgliche Äpfel! Das könnte der Grund sein, warum unsere Kunden unsere Äpfel ohne Probleme essen können.

Nun bauen wir ja keine typischen alten Sorten mehr an, von vielen Verbrauchern zunehmend gewünscht, jedoch schwierig für den Handel. Sie sind gerbstoffhaltig, sehr säurebetont, meist grün und schnell unansehnlich. Häufig greifen die Kunden dann doch zu den makellosen neueren Züchtungen. Aber die Vorteile alter Sorten werden mehr und mehr mit der Schmackhaftigkeit und Ansehnlichkeit der neuen Sorten durch Züchtung verknüpft. So bauen Bio-Obstbauern vermehrt Santana, Topaz, Pinova, Antares, Freya und Greta an, Schorf und Mehltauresistenz und damit mehr Phenole inbegriffen. Also muss es nicht zwangsläufig so sein, dass alte Sorten gut und neue schlecht sind.
Eigentlich müsste es heißen: es gibt keine Allergie, sondern Menschen reagieren nur auf bestimmte Sorten und Anbauweisen allergisch.
Dazu noch ein kleiner Abstecher in die Wissenschaft:
In Äpfeln ist das Allergen Mal D 1 – ein Eiweißbaustein– ursächlich für das Auftreten von Allergien verantwortlich. Allerdings kann die Aneinanderreihung der Aminosäuren durch Verarbeitung in der Küche verändert werden. Das erklärt, warum Apfelmus meist keine Allergene mehr enthält. Mal D 1- Allergiker reagieren im Allgemeinen stärker auf länger gelagerte und auf überreife Äpfel. Eine Kreuzallergie kann mit dem ähnlichen Allergen von Birkenpollen entstehen.
Das Protein Mal D 3 ist hauptsächlich in der Schale zu finden. Es ist hitzebeständig und wird folglich nicht durchs Kochen zerstört. Mal D 3- Allergiker vertragen meist Äpfel aus Langzeitlagerung besser.
Ich persönlich suche häufig nach einer Erklärung für die Allergien, die wir vorher nicht kannten. Wir hatten nur das heimische Obst, und das auch nur saisonal. Was Zuviel war, wurde eingekocht oder tiefgefroren. Apfelsinen und Mandarinen gab es nur in der Weihnachtszeit, Bananen, wenn man etwas Besonderes feierte. Ist unser Körper generell überfordert mit dem Überangebot? Und wird deshalb eigentlich Harmloses vom Körper nicht mehr vertragen?
Abschließend kann ich empfehlen:
PROBIEREN GEHT ÜBER STUDIEREN!

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